Technikberatung als integrierter Baustein der Wohnberatung: Anforderungen an professionelle Technikberatung aus Sicht ausgewählter Expert*innen

Technikberatung als integrierter Baustein der Wohnberatung: Anforderungen an professionelle Technikberatung aus Sicht ausgewählter Expert*innen

Was sind die Kernaussagen der Publikation?

"Der vorgelegte Bericht kann daher als eine umfassende Reflexionsgrundlage für die Entwicklung der Technikberatung als Baustein der Wohnberatung in Nordrhein-Westfalen herangezogen werden." (Weidekamp-Maicher 2022, S. 185-186)

Die drei ermittelten Kernthemen sind in einer Übersicht dargestellt: (Weidekamp-Maicher 2022, S. 22-25)

  1. Anforderungen an professionelle Technikberatung (S. 22-24)
    1. Kompetenzen der Berater*innen
    2. Professionelles Selbstverständnis in der Technikberatung
    3. Technikverständnis in der Technikberatung
    4. Organisationale Aspekte und Aufgaben der Technikberatung
    5. Maßnahmen zur Qualitätssicherung:
    6. Spezifische Anforderungen aus der Perspektive Ratsuchender
  2. Rahmenbedingungen und Aufgaben von Technikberatung auf institutioneller und gesamtgesellschaftlicher Ebene (S. 24)
    1. Fördernde und hemmende Faktoren von Technikberatung
    2. Potenziale und Risiken des Einsatzes von Technik
    3. Gesellschaftlicher Auftrag von Technikberatung
  3. Erwartungen an Politik, Wissenschaft und andere Akteure (S. 24-25)
    1. Finanzierung bundesweiter flächendeckender Technikberatung
    2. Weitere Bemühungen zur Refinanzierung digitaler assistiver Technik
    3. Forderungen an Wissenschaft und an Forschungsförderung
    4. Unterstützung der fachlichen (Weiter-)Entwicklung und Vernetzung der Technikberatungsstellen
    5. Qualifizierungsoffensive zur Vermittlung von Digitalkompetenz
    6. Förderung einer breiten gesellschaftlichen Debatte zur Zukunft digitaler Technik
    7. Verbesserung der digitalen Infrastruktur und der digitalen Grundversorgung im Wohnbereich

"Aus dieser Sicht stellt die direkte Zusammenarbeit mit Anbietern von Technik ein Risiko für die Verletzung von Neutralität dar, während das Ausbleiben der Kooperation die Wahrscheinlichkeit reduziert, bestimmte Hersteller oder Dienstleister an Ratsuchende zu empfehlen. Neben der Herstellung von Unabhängigkeit auf der Finanzierungs- und Kooperationsebene, wird Neutralität auch als Ausdruck eines spezifischen Vorgehens in der Beratung betrachtet, das z. B. daran erkennbar ist, dass Berater*innen keine Informationen über die Hersteller von Produkten vermitteln. Der Verzicht auf jegliche Information über Hersteller beruht auf einem Beratungsverständnis, das darin besteht, Ratsuchenden relevante Informationen über technische Lösungen, Konzepte, Anwendungen oder Ideen zu vermitteln, ohne konkrete Anbieter zu benennen. Bei einem derartigen Beratungsergebnis stehen Ratsuchende vor der Aufgabe, die Suche nach weiterführenden Informationen eigenständig durchzuführen, während sie durch die Berater*innen allenfalls auf verfügbare Recherche- oder Vertriebsquellen aufmerksam gemacht werden könnten. Dieses Verständnis von Neutralität wird von den Expert*innen aus verschiedenen Perspektiven reflektiert und unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien, wie z. B. der Zumutbarkeit (für Ratsuchende), der digitalen Spaltung bis hin zur professionellen Verantwortung diskutiert. Im Hinblick auf die Zumutbarkeit weisen die Expert*innen darauf hin, dass es für digitale assistive Technologien keine vollständigen Markt- bzw. Informationsübersichten gibt. Eine Informationsbeschaffung durch Ratsuchende kann sich demzufolge als langwierig und damit als belastend herausstellen und zugleich dazu führen, dass sie Produkte von Anbietern auswählen, die sich durch ein besonders aggressives Marketing auszeichnen. Neben dem Recht der Ratsuchenden auf Schutz in ihrer Rolle als Verbraucher*innen heben die Expert*innen auch die akute Hilfssituation hervor, in der sich die meisten Ratsuchenden zum Zeitpunkt der Beratung befinden. Sie zwingt sie meist zum schnellen Handeln, das – auch unter Berücksichtigung ungleicher Digitalkompetenz und technischer Ausstattung – die Tendenz zur digitalen Spaltung verstärken würde. Eine gute Ausstattung mit digitaler assistiver Technik würde sich auf diesem Wege zum Privileg jener Ratsuchenden entwickeln, die über hohe Digitalkompetenz oder ein Unterstützungsnetzwerk verfügen, das ihnen bei der Auswahl und der Beschaffung von Technik behilflich ist. Vor dem Hintergrund der (ungewollten) Benachteiligung befassen sich einige Expert*innen mit der Frage, ob eine solche Haltung zur Neutralität gar als Verweigerung professioneller Hilfe oder eines gerechten und transparenten Zugangs zu Informationen interpretiert werden müsste.

Aus diesen Gründen befassen sich viele Expert*innen mit der Suche nach Lösungen, die ein neutrales, unabhängiges Beratungshandeln mit der Zurverfügungstellung von Informationen über Hersteller von Produkten vereinen könnten. Einige Befragte sehen die Lösung in einem Neutralitätsverständnis, das darauf beruht, Produkte bzw. Angebote unterschiedlicher Hersteller zu präsentieren." (Hervorhebungen im Original, Weidekamp-Maicher 2022, S. 40-41)

"Langfristig plädieren die meisten Expert*innen für externe, unabhängige, fachlich gesicherte und durch entsprechende wissenschaftliche Studien validierte Informationen über Produkte und Neuigkeiten, die nicht nur den Berater*innen, sondern auch den Ratsuchenden zur Verfügung stehen sollten. Es ist aus Sicht vieler Expert*innen nicht die Aufgabe der Technikberater*innen, noch der Ratsuchenden, den Weg zu einem geeigneten Produkt zu finden. Vielmehr sehen sie die Kostenträger in der Pflicht, entsprechende Studien und Portale zu initiieren und zu fördern, damit die Beratung einfacher, effektiver, transparenter und qualitätsgesicherter gestaltet werden kann." (Weidekamp-Maicher 2022, S. 44)