Beratung: Problem formulieren

Beratung: Problem formulieren

Wie komme ich vom Problem zum Bedarf?

Hilfreich ist es, nicht nur nach dem Problem, sondern auch nach dem Ziel und dessen Relevanz zu fragen, um den Blick von der reinen Problemsymptomatik zu lösen.

Betriffsverständnis

  • Probleme: Probleme sind charakterisiert durch (1) einen unerwünschten Anfangszustand, einen (2) erwünschten Endzustand (Ziel) und (3) eine Barriere oder Lücke, die verhindert, dass das Ziel erreicht werden kann. Diese Aufteilung des Problems leistet einen Beitrag, Situation, Symptome und Ziele zu differenzieren.
  • Ziele: Ziele sind Aussagen über angestrebte Zustände. Zur Formulierung von Zielen helfen Zielformulierungsformeln, die wiederholt einen Anspruch an Messbarkeit und Relevanz formulieren. Zielformulierungen helfen, die Interessen in der Beratung aufzudecken.
  • Relevanz: Die Personen die vom Problem betroffen sind und/oder das Ziel erreichen wollen formulieren, weshalb die Zielerreichung für sie relevant ist. Das hilft den Blick von den Barrieren oder Lücken zu lösen. Es kann sein, dass diese Hindernisse auf anderen Wegen umgangen werden können, so dass das Ziel erreicht wird, ohne das Problem zu lösen.

Ansätze zur Bedarfsklärung

  • Voraussetzung zur Bedarfsanalyse ist, dass in der Logik des Harvard-Konzepts die Beziehungsebene geklärt ist und die Bedarfsanalyse auf der Sachebene stattfinden kann. Diesen Voraussetzung kommt im WiQQi-Ansatz besondere Bedeutung zu, weil Beratung im wesentlichen als Beziehungsarbeit gesehen wird, die darauf abzielt, den Bedarf zu verstehen und der richtiegen Forschungs- bzw. Beratungsfragestellung zu formulieren. Denn: Die Lösung liegt meist bereits in der Frage.
  • Interessen klären: Die Bedarfsanaylse ist ein wesentlicher Schritt, das Beratungsgespräch in der Logik des Harvard-Konzepts von den inidviduellen "Posititionen" hin zu den gemeinsamen Interessen zu lenken.
  1. Erzählen lassen: Der WiQQi-Ansatz lässt zunächst alle Beteiligten das Probelm frei formulieren. Hilfreich kann eine offene Einsteigsfrage sein: "Was genau hat Sie heute zu mir geführt." (oder: "Seit unserem letzten/ersten Gespräch hat sich vielleicht einiges verändert: Wie genau würden Sie heute formulieren: Was hat Sie heute zu mir geführt?")
  2. Verständnisfragen klären: In einem zweiten Schritt klärt der WiQQi-Ansatz Verständnisfragen: Was ist noch unklar, missverständlich oder sollte vertieft werden?
  3. Strukturiertes Problemklärung:
    • Barriere/Lücke: Was genau ist die Barriere/Lücke? Woran merken Sie, dass das Problem da ist? Was genau ist das unerwünschte?
    • Anfangszustand: In welchen Situationen taucht sie auf? Wodurch wird das Problem beeinflusst?
    • Ziel: Woran hindert Sie das Problem? Woran würden Sie erkennen, dass das Problem gelöst ist. Wenn ich Zaubern könnte und mit den Fingern schnippen würde und das Problem wäre gelöst: Wie würden Sie das bemerken?
    • Relevanz: Weshalb genau ist es für Sie wichtig, dass Sie dieses Ziel erreichen? Die Relevanz nimmt häufig bezug auf Leitende Werte und schafft damit auch einen einen bezugspunkt zur späteren etischen und fachlichen Reflexion.
  4. Ressourcen festhalten: Im Prozess werden Ressourcen angesprochen oder nachgefragt. Diese auftauchenden Ressourcen (der Person oder der Umgebung) werden festgehalten.
  5. Lösungsansätze diskutieren: Lösungsansätze zu diskutieren hilft dabei, den Bedarf genauer zu verstehen. Das wird im WiQQi-Ansatz als Teil der Beziehungsarbeit - nicht der Lösungsarbeit verstanden. Es geht darum, Fragen zu finden, nicht antworten zu geben.
    • Bisherige Lösung: Wie gehen die einzelnen Betroffenen Personen mit dem Problem bisher um?
    • Barriere/Lücke überwinden: Dieser Ansatz untersucht die Problemsituation im Detail, um sie näher zu beschreiben. An dieser Stelle ist die Erfahrung der Beratenden Person entscheidend. Liegt keine Erfahrung vor, kann danach gefragt werden, wie das Problem gemeinsam mit anderen Personen gelöst werden könnte - oder die Entstehungsgeschichte des Problems zu erfahren: "Wie war das, bevor das Problem zum ersten mal auftetreten ist?"
    • Problem umgehen: Wie könnte das Problem umgangen werden und das Ziel erreicht werden?

Ziel bzw. Ergebnis der Problemanalyse

  • Das Problem ist präzisiert: Die Zentrale Lücke bzw. Barriere ist benannt und auf den Punkt gebracht.
  • Das Ziel iel messbar formuliert: Das Ziel formuliert mit messbar, wie das Ziel erreicht wird. Hilfreich können hier Zielformulierungen (SMART, RUMBA, DREAM etc. sein)
  • Die Relevanz ist verschriftlicht: Der wichtigste Grund, weshalb es wichtig ist, das Ziel zu erreichen ist schriftlich festhgehalten.
  • Bisherige Lösung ist festgehalten: Der bisherige Umgang mit de Problem ist festgehalten - sie kann andere Menschen inspirieren und hilft gleichzeitig, den Bedarf besser zu verstehen.
  • Ressourcen: Im Gespräch auftauchende Ressourcen der betroffenen Personen und der Umgebung sind beschrieben.
  • Laborauf: Die leitende Forschungs- bzw. Beratungsfragestellung ist als Auftrag formuliert und abgestimmt.

Tipps:

  • Positiv formulieren: Aus dem ersten Impuls, dass etwas unerwünschtes "nicht" mehr sein soll wird herausgearbeitet, was genau sein soll, oder wann und wie das unerwünschte verschwindet. Negierende Formulierungen wie "nicht", "kein", "ohne"... werden vermieden. Das ist teils anstrengend - erweitert aber das Verständnis.
  • Diffuse Begriffe meiden: Begriffe wie "Sicherheit", "leicht", "schnell", "komfortabel" erzeugen unmittelbar Zustimmung, können aber im Problemlösungsprozess zum Problem werden, weil unterschiedliche Vorstellungen zu spät klar werden. Hilfreich ist es, auszudifferenzieren, welches Risiko hinter dem Begriff der Sicherheit steckt oder was genau unter "leicht", "schnell" etc. verstanden wird.
Praxisbeispiel Gurkenglas: Wir wurden gebeten, eine Lösung zum Öffnen eines Gurkenglases zu finden: „Das geht zu schwer“.
  • Bisherige Lösung: Zwei Personen haben das Glas gemeinsam geöffnet - eine Person hält den Deckel, die andere das Glas.
  • Positiv formulieren: "Ich bekomme es allein nicht auf" wird auf Nachfrage ("Was passiert, wenn Sie es allein öffnen?") zu "Mir rutscht das Glas in der Hand."
  • Problempräzisierung: Das Gurkenglas erfordert mehr Handkraft/Grip zum Halten, als mit einer Hand allein aufgebracht werden kann.
  • Ziel: Ich kann das Gurkenglas allein öffnen.