DINU: Assisted Living + Regeln

DINU: Assisted Living + Regeln

Zentrale Vorinformationen

Regeln sind ein Bindeglied zwischen Mensch, Profession und Technik. Deshalb müssen sie die Komplexität und die doppelten Handlungslogik der Pflege berücksichtigen, wenn unerwünschte Effekte vermieden werden sollen. Dies bringt besondere Herausforderungen für die Gestaltung von technikbezogenen Regeln mit sich.

Regeln - als praktische Alltagsregeln oder Handlungsanweisungen - sind neben theoretischen Erkenntnissen ein Teil des Wissensbegriffs. Der Überbegriff der Regeln bedeutet eine aus bestimmten Regelmässigkeiten abgeleitete, aus Erfahrung und Erkenntnis gewonnene als verbindlich geltende Richtlinie. Für Assistenzsysteme von Relevanz sind im Besonderen Regeln in Form von:

  • Gesetzen: (Rechtsnormen), z.B. Datenschutzgesetze, Arbeitsrecht, Haftungsrecht, ...
  • Sozialnormen: Moralen und Werte (auf individueller, organisatorischer, professionsbezogener und gesellschaftlicher Ebene)
  • Evidence: Regelwissen der Profession
  • Prozessregeln: Regeln in form von Algorithmen, Prozeduren, Methoden
  • Naturgesetze: Physikalische Grundbedingungen
Regeln unterscheiden sich hinsichtlich ihrer
  • Verbindlichkeit: Naturgesetze, Verbote, Gebote, Vorschriften, Richtlinien, Empfehlungen, ...
  • Durchsetzung: Zwang, Freiwillig, ...
  • Transparenz: Regeln können implizit oder explizit sein

Komplexität & Doppelte Handlungslogik

Die besondere Herausforderung bei der Gestaltung von Regeln auf dem Feld der Pflege ist die Komplexität: Die Pflegepraxis ist komplex und kontextbezogen und auch das Pflegewissen, umschliesst verschiedene Dimensionen und Wissensformen (vgl. Remmers 2014, S. 11, 2019, S. 414; DGP 2019, S. 14). Die Akteure sind dabei der "doppelten Handlungslogik" der Pflege ausgesetzt. Diese bringt widersprüchliche normative Ansprüche zwischen allgemeingültigem Regelwissen und kontextuellem, situativen Erfahrungsbezug mit sich (vgl. Dütthorn 2013, S. 34). Weiterlesen

Der Vision der Assistenzsysteme mangelt es an hinreichender Ziel- und Problemklarheit. Die Notwendigkeit zur fachlichen und ethischen Reflexion ist auch durch den Wertebezug und den Ruf nach belastbaren Nutzenaussagen belegbar.
  • Fehlende Zielklarheit: Die Zielsetzungen sind abstrakt und nicht messbar formuliert, können jedoch durch die Zuweisung zu verschiedenen Themenfeldern, wie etwa „Überwachung“, „Partizipation“, „Sturzerkennung“, „Medizin“ (Healthcare), „Aktivitätserkennung“ oder „Medikation“ konkretisiert werden (Queirós und da Rocha 2018, S. 17–20, 25). - Die Bedeutung der Zielklarheit wird in verschiedenen Methoden zur Technikbewertung (sentha, MAST, EvAALuation, NAAM) hervorgehoben (vgl. Friesdorf und Heine 2007, S. 117; Allner et al. 2012, S. 5–6; Himmelsbach et al. 2017, S. 5–6; Lutze et al. 2019, S. 54).
  • Zielklarheit: Zielklarheit beginnt mit der Definition und Strukturierung des Problems und umfasst das systematische Analysieren von Zielen, Werten und Handlungsalternativen voraus. Die Struktur und Definition des Problems legt den Bereich dessen fest, was zu Untersuchen ist - und beeinflusst damit die Resultate. Aus Ingenieursperspektive werden professionelle und disziplinäre Standards als Grundlage für die Technikbewertung betont (vgl. VDI-3780 2000, S. 88, 66–69).
  • Wertebezug: Der VDI verweist für das technische Handeln auf Werte wie Funktionsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit, Wohlstand, Sicherheit, Gesundheit, Umweltqualität, Persönlichkeitsentfaltung und Gesellschaftsqualität und beschreit diese und deren Konfliktpotenzial (vgl. VDI-3780 2000, S. 73–84, 91). Das MEESTAR-Modell unterstützt die Wertereflexion mit drei Beobachtungsebenen (Individuell, organisational, gesellschaftlich) (vgl. Manzeschke 2015, S. 2, 5–6).
  • Belastbare Nutzenaussagen: Die 145 Studien, die für die Expertise „Digitalisierung und Pflegebedürfigkeit – Nutzen und Potenziale von Assistenztechnologien“ des GKV Spitzenverbandes berücksichtigt wurden, beschreiben sowohl den Mangel an Klarheit in Bezug auf die zu lösenden Probleme, als auch in der Konkretisierung und Messbarkeit der Ziele. Konkrete und belastbare Nutzen- und Wirkungszusammenhänge im Sinne einer Evidence-Basierung liegen (Stand 2019) nicht vor: Die Studienqualität muss gesteigert werden - hierzu sollen Ziele und Probleme konkretisiert werden (vgl. Lutze et al. 2019, S. 128–131, 224–225; Remmers 2019, S. 407).


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Vertiefende Informationen im Themenfeld Assisted Living

Hinweise & Vorwissen zur Aufgabenstellung

Sie finden bei der jeweiligen Lösung den aktuellen Stand des Wissens hinterlegt.

Aufgabenstellungen im Labor

Herdabschaltung: Sensibilität
Testablauf, mit dem die Auswirkungen der Sensibilitätseinstellung transparent gemacht werden sollen.

Im SimDeC ist der Herdwächter Safera Airis (Hager WXH 200) verbaut. Im Handbuch (S. 4, 16) ist beschrieben, wie die Alarmgrenzen individuell eingestellt werden können. Untersuchen Sie die Veränderungen, die unterschiedlichen Einstellungen mit sich bringen. Das Messprotokoll finden Sie hier.



Vorbereitung

  1. Stellen Sie sicher, dass alle Herdknäufe auf "0" gestellt sind.
  2. Stellen Sie sicher, dass keine Restwärme auf den Kochfeldern vorhanden ist: Die Temperatur auf dem gesamten Kochfeld entspricht der Temperatur der Arbeitsplatte (ohne Fremderwärmung durch Sonne, heisse Töpfe, Heisses Wasser etc). Nutzen Sie zur Kontrolle das Thermometer oder die Wärmebildkamera.
  3. Dokumentieren Sie den kompletten Versuchsaufbau mit der Kamera (Batterie voll? Ton OK?). Nutzen Sie hierzu das feststehende oderfahrende Stativ.
  4. Dokumentieren Sie die Versuchsparameter mit Flipchart-Marker grossflächig auf ein DIN-A4-Blatt (das erleichtert später den Videoschnitt):
    1. Datum und Uhrzeit des Versuchs
    2. Adressierte Alarmgrenze, mit Zahl und Punktsymbolen: z.B. 5 - ●●● ●●
    3. Temperatur der Herdfläche bzw. der einzelnen Herdplatten
    4. Stellung der einzelnen Schaltknäufe (0-10)
      1. Knauf 1 = links vorn
      2. Knauf 2 = links hinten
      3. Knauf 3 = rechts hinten
      4. Knauf 4 = rechts vorn
  5. Stellen Sie sicher, dass sich während das Abschaltversuchs keine (insbesondere brennbaren) Gegenstände auf oder in der Nähe des Kochfeldes befinden.
  6. Stellen Sie sicher, dass während des Abschaltversuchs keine Personen die Küche betreten ("Möchte aktuell noch jemand Kaffee?").
  7. Schliessen Sie die Tür zwischen Küche und Esszimmer

Sensoreinstellung

Farbe der Status-LED Anzahl der Signaltöne Alarmgrenze (* = empfohlene Alarmgrenzen) Installationshöhe: Wandmontage Installationshöhe: Montage unter der Dunstabzugshaube
rot ●●● ●●● 12 (schnellste Reaktion)
rot ●●● ●● 11
rot ●●● ● 10
rot ●●● 9
rot ●● 8
rot 7* 45... 55cm
blau ●●● ●●● 6 (Standard) 50 ... 60cm 55...65 cm
blau ●●● ●● 5* 65...75 cm
blau ●●● ● 4* 75...85 cm
blau ●●● 3
blau ●● 2
blau 1 (langsamste Reaktion)
  1. Bitte starten Sie die Videoaufzeichnung
  2. Halten Sie das DIN-A4-Blatt mit der Versuchseinstellung [z.B. 6 - ●●● ●●● // 22,1°C // 1=10, 2=0, 3=0, 4=0] gut sichtbar in die Kamera
  3. Nehmen Sie das Sensormodul von der Wand (Magnethalterung).
  4. Wechseln Sie in den Einstellmodus 1 (Status-LED leuchtet weiss) - Drücken Sie hier Bedientaste 2 (Rückseite, mit "2" Beschriftet) für 5 Sekunden
    1. Alarmgrenze um 1 tiefer stellen: Drücken Sie Bedientaste 1 (Rückseite, mit "1" Beschriftet)
    2. Alarmgrenze um 1 höher stellen: Drücken Sie die Bedientaste 2 (Rückseite, mit "2" Beschriftet)
    3. Falls Sie eine noch tiefere oder noch Höhere Alarmgrenze einstellen wollen: Gehen Sie wieder in den Einstellmodus 1 (s. oben)
  5. Hängen Sie das Sensormodul wieder in die Magnethalterung
  6. Messen Sie die Temperatur aller Herdplatten mit IR-Thermometer oder Wärmebildkamera so, dass die Ergebnisse im Video zu sehen sind.
  7. Stellen sie die die Herdknäufe entsprechend der Dokumentation ein.
  8. Überprüfen Sie, ob die Betriebslampen der Kochplatten leuchten - falls nicht: Drücken Sie den seitlichen oder frontalen Knopf der Herdabschaltung und prüfen Sie erneut
  9. Verlassen Sie die Küche und und stellen Sie den Brandschutz sicher.
  10. Warten Sie auf den Voralarm der Herdabschaltung und das automatische Abschalten - oder brechen Sie den Versuch jederzeit ab.
  11. Dokumentieren Sie die Temperatur der Herdplatten (siehe oben)
  12. Stellen Sie sicher, dass sich niemand an den Platten verbrennen kann.
  13. Beenden Sie die Videoaufnahme.
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Regeln werden nicht immer als "Regeln" wahrgenommen. Auch die Menge der ausgegebenen Seife ist geregelt.

Wir haben im SimDeC verschiedene Seifenspender.

Der No Touch Seifenspender von Dettol gibt deutlich mehr Seife aus als andere.

  • Wie viel genau ist der Unterschied?
  • Weshalb ist das so?
  • Wer legt die Regeln fest?
  • Und welche Konsequenzen haben die Regeln?


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Legen Sie eine Regel im Assistenzsystem von Casenio an. Überprüfen sie die Wirkung und unerwünschte Effekte in der Gruppe.

Einblick ins System

Stand: 17.03.2021 - Nutzen Sie gerne die Zeitmarken in der Playlist!



Reflektieren Sie die vom System vorgegebenen Situationen:

  • Welche Situationen sind für Sie von Bedeutung? Setzen Sie eine solche Situation um.
  • Welche Situation fehlt für Sie? Setzen Sie eine solche Situation um.

Situationen>Erstellen

Web-App: https://einrichtung.casenio.de

Die Einweisung ins System erfolgt im SimDeC

  • Standardsituationen
    • Die Zentraleinheit meldet sich seit längerer Zeit nicht mehr beim Rechenzentrum.
    • Die Laufzeit Ihrer Zentraleinheit endet bald.
    • Die Zentraleinheit ist im Batteriebetrieb.
    • Ein Sensor hat einen zu niedrigen Ladestand seines Akkus bzw. seiner Batterie.
    • Ein Sensor wurde entfernt oder verschoben.
    • Ein Sensor hat sich länger als 24 h nicht mehr gemeldet.
  • Schaltbare Situationen
    • Ausgewählte Elektrogeräte sollen abgeschaltet werden, wenn keine Bewegung innerhalb der Wohnung erkannt wird.
    • Ausgewählte Elektrogeräte sollen mit einem Schalter ein- und ausgeschaltet werden.
    • Schaltung eines Aktors (z.B. Licht) bei Bewegung.
  • Personenbezogene Situationen
    • Ein Hilferuf wird ausgelöst.
    • Die angegebene Temperaturgrenze wurde unter-/überschritten.
  • Gefahrensituationen
    • Die Wohnungstür steht ungewöhnlich lange offen.
    • Es läuft Wasser aus oder über.
    • Kohlenstoffmonoxid tritt aus.
    • Eine Temperatur über 58°C wurde registriert.
  • Ungewöhnliche Situationen
    • Es ist ungewöhnlich lange keine Aktivität festgestellt worden.
    • Ein Fenster steht ungewöhnlich lange offen.
    • Die Kühlschranktür steht ungewöhnlich lange offen.
    • Die Wohnung wird zu ungewöhnlichen Zeiten (z.B. nachts) verlassen.
    • Ein Öffnungskontakt wurde im angegebenen Zeitraum nicht benutzt.
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Weiterführende Aufgabenstellungen

Arbeitsauftrag
Konzipieren Sie eine Erinnerungsassistenz - für die Zielgruppe "Menschen mit Demenz" oder für sich selbst.

  • Beschreiben Sie den unerwünschten Anfangszustand - das Problem.
  • Beschreiben Sie den erwünschten Endzustand - das Ziel.
  • Beschreiben Sie, weshalb die Erinnerung relevant ist - den Zweck
Wie soll erinnert werden?

  • Gestalten Sie eine optische Erinnerung (Display-Skizze): Vorlage
  • Gibt es weitere Signalisierungsoptionen (Akustisch, Haptisch?)
Nach welchen Regeln wird erinnert?

  • Wodurch wird die Erinnerung ausgelöst ("Trigger")
  • Unter welchen Bedingungen wird die Erinnerung ausgelöst?
  • Welche Kontextvariablen müssen berücksichtigt werden?
  • Welche Daten benötigen Sie dazu?
  • Welche Sensoren müssen Sie dazu einsetzen?
  • Ausschlüsse:
    • Wann soll NICHT erinnert werden?
    • WER soll nicht erinnert werden?
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Cogvis - Fearless



  • Wo ist die "perfekte" Position für den Fearless (Einweisung erfolgt vor Ort)
  • Worin unterscheiden sich die Areale "Schlafzimmer", "Wohnzimmer", "Nassraum"?
  • Sturzerkennung
    • Welchen Einfluss hat die Zimmerart (Einbettzimmer/Mehrbettzimmer) auf die Sturzerkennung?
    • Welchen Einfluss hat die Sensibilität (hoch, mittel, niedrig?)
  • Bettenverwaltung
    • Welchen Einfluss hat die Zimmerart (Einbettzimmer/Mehrbettzimmer)?
    • Wie unterscheiden sich Sturzprävention und Abwesenheitserkennung?
    • Wie unterscheidet sich das Auslösen (Aufrichten, Aufsetzen, Aufstehen?)
    • Welchen Einfluss hat die Sensibilität (hoch, mittel, niedrig?)
    • Ist es lebensdienlich möglich, Bettpunkt 2 auf einen Stuhl zu richten?

Futureshape - Sensfloor

  • Was bedeuten die einzelnen Menüpunkte? (Einweisung erfolgt vor Ort)
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